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PJ-Bericht: Allgemeinchirurgie in Santa Case de Misericordia open_in_new (2/2011 bis 6/2011)

Station(en)
2,3,4,
Einsatzbereiche
Station, OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme
Heimatuni
Marburg
comment Kommentar

Wer ein wirklich abwechslungsreiches PJ-Tertial haben möchte, der sollte sich zweifellos in Porto Alegre bewerben. Allerdings warne ich vor, dass wenn man viel selbstständig machen möchte Portugiesischkenntnisse ein MUSS sind und einem das Leben wirklich erleichtern.

Wer vorher spanisch kann und sich ein wenig Mühe gibt, wird aber auch keine großen Probleme haben.

Eigentlich sollte ich vier Monate in der Allgemeinchirurgie verbringen, allerdings habe ich Einblicke in sämtliche Bereiche bekommen.

Zunächst einmal zur Santa Casa de Misericordia. Die Santa Casa ist ein Komplex aus 8 unterschiedlichen Krankenhäusern auf einem Fleck und es bietet wirklich ALLES, was das Herz begehrt. Die Standards sind teils auf höchstem medizinischem und technischem Niveau und mein Universitätskrankehaus ist ein Witz gegen diese Santa Casa gewesen.

Was die Chirurgie betrifft könnt ihr hier von Hernien, Gallenblasen, Tumoren bis hin zu Lungen und Lebertransplantationen alles sehen. Es gibt ein Krankenhaus, was nur onkologisch arbeitet (Santa RITA) und ein weiteres indem nur Transplantationen stattfinden ( Dom Vincente Scherer) oder aber eine acht stockwerkige Pädiatrie (Santo Antonio) in der nur ein großer OP für die Kinderchirurgie mit 8 Operationssälen zur Verfügung steht. Eigentlich kommt es nur auf dein Eigenengagement und Interesse an, wie viel man sehen und machen möchte.

Ich wurde von Anfang an einem der vier Teams der Allgemeinchirurgie zugeordnet. Jedes Team besitzt vier Assistenten und seine „doctorandos“, was Medizinstudenten des 5./oder 6. Studienjahres sind, die selbstständig Patienten betreuen und dann einem Assistenten vorstellen. Ihr nhemt quasi die Stellung eines Doctorandos ein. Morgens ging man also zu seinem Patienten, danach meist in den OP und dreimal die Woche gab es die chirurgische Ambulanz, wo man selbstständig Patienten aufnehmen und untersuchen konnte und hinterher mit dem Assistenten den Fall besprochen hat, was eine sehr gute Übung war.

In Brasilien sind die Studenten sehr ehrgeizig, vor allem die die Chirurgen werden wollen und je nachdem in welchem Krankenhaus ihr arbeitet, kann es auch passieren dass die Studenten die OP-Schwestern sind und alle Instrumente anreichen. Nähen werdet ihr hier mit Sicherheit lernen. Einmal die Woche gibt es auch einen Tag, wo nur kleine lokale Operationen stattfinden, wo ihr dem Assistenten als 1. Hand assistieren könnt und am Ende auch unter Aufsicht selber kleinere Eingriffe vornehmt. Des Weiteren fand immer Mittwoch vormittags eine Fallbesprechung aller relevanten Fälle statt. Zusätzlich bin ich noch einmal die Woche immer in der Kinderchirurgie gewesen, um dort zu assistieren und es stehen einem dort wirklich alle Türen offen.

Wie schon erwähnt, sollte ich eigentlich nur in der Allgemeinchirurgie verweilen, ist man aber einmal im OP-Bereich, so nimmt es einem auch keiner Übel, wenn man mal zu den Viszeralchirurgen, Proktologen, Schönheitschirurgen, Orthopäden oder Urologen geht. All diese Fachdisziplinen haben ebenfalls eine ambulante Sprechstunde und nach Absprache kann man sicherlich einmal 2 Wochen oder mehr in der jeweiligen Fachdisziplin verbleiben und muss nicht nur Allgemeinchirurgie machen. Wer an Anästhesie interessiert ist, kann ebenfalls mit dem Chef reden und dort ebenfalls ein paar Wochen verbringen. Wie ihr seht, habt ihr hier ziemlich viele Möglichkeiten ein weites Spektrum an Krankheitsbildern zu sehen. Wer nur onkologisch interessiert ist, kann in dem Krankenhaus Santa Rita voll auf seine Kosten kommen. Hier verbringt man einen Teil auf Station, OP oder in der Ambulanz, wo man z.B. auch selber Melanome herausschneiden darf.

Wenn ihr Lust habt könnt ihr auch ein paar Wochen nach Absprache in der Notfallaufnahme verweilen, wo man recht viel sehen und machen kann, oder ihr begleitet abends nur eure Assistenten während ihrem Nachtdienst.

Wer absolut keine Lust auf vier Monate Chirurgie hat, der kann nach Absprache sicherlich auch bei dem Bruder des Chefs der Chirurgie, der Chef der Inneren Medizin Schwerpunkt Gastroenterologie ist verbringen. Hier gibt es jeden Vormittag eine ambulante Sprechstunde zu spezifischen Krankheitsbildern (Hepatitis Sprechstunde, onkologische Sprechstunde etc…) und nachmittags Stationsarbeit und zwischendurch Fallbesprechungen.

Da ich später gerne Pädiatrie machen will war es auch kein Problem einen Monat in der Kinderchirurgie zu verbringen und nebenher auch nur in der pädiatrischen Ambulanz und Notfallaufnahme mitzuarbeiten. Das Team dort ist wirklich sehr nett und wer hier Pädiater ist , der macht es wirklich aus Liebe und tiefster Überzeugung, weil die Bezahlung als Pädiater einer der schlechtesten ist.

Zum Ende hin, war mein PJ-Tertial perfekt, bis ich all diese Möglichkeiten herausgefunden hatte verging allerdings eine sehr turbulente nicht ganz komplikationslose Anfangszeit, aber wie gesagt es liegt alles an euch.

Der Kontakt zu den Assistenten und Studenten ist super und meist werdet ihr erstaunt sein, was für ein gutes Verhältnis zwischen dem Chef und dem Team herrscht. Die Assistenten in der Chirurgie arbeiten sich in ihren ersten Lehrjahren tot, dafür haben sie aber auch sehr viel drauf.

Die Brasilianer sind ein unheimlich, gastfreundliches, offenes Volk und sehen es gerne, wenn Europäer kommen. Ich war überall willkommen.

Mittagessen gibt es im Krankenhaus vergünstigt für 3 Euro soviel essen wie man will und die Busanbindungen zum Krankenhaus sind super. Das einzige was ihr braucht sind ein weißer Kittel und Stethoskop unten drunter dürft ihr tragen, was ihr wollt.

Was die Freizeitgestaltung angeht, so hat Porto Alegre wirklich alles zu bieten. Ein reichhaltiges Sportangebot, Musik- Kultur, Theater und ein ausgiebiges Nachtleben. Man kann hier segeln erlernen, Paddel Surf, Reiten, Rad fahren, super joggen, einfach alles. Und wenn ihr Glück habt erlaubt euch auch die Stadttheaterbesitzerin auf den besten Plätzen zu sitzen, obwohl ihr für die billigsten bezahlt habt. Regelmäßige Ausstellungen und kostenlose Konzerte finden hier ebenfalls statt.

Die Brasilianer gehen sehr gerne feiern und ihr werdet schnell Anschluss finden und sehr oft eingeladen werden.

Gewohnt habe ich bei einer netten Brasilianerin, die ich per Couchsurfing kennen gelernt hatte, Eigentlich sollte ich dort nur eine Woche bleiben, wir verstanden uns aber so gut, dass es dann vier Monate wurden.

Porto Alegre ist eine sehr abwechslungsreiche Stadt und es gibt dort einen sehr großen grünen Park, wo sich alle treffen und gemütlich mit Freunden ihren Tee trinken. Sonntags gibt es dort zusätzlich immer einen Flohmarkt und auch ernährungsmäßig findet ihr hier alles bis zum Bio-Okö Markt jeden Samstag.

Von den Menschen hat Porto Alegre wirklich alles zu bieten. Von Hippie, Metall, Rocker, Alternativen bis hin zu konservativen. An den Wochenenden kann man prima Ausflüge zum Strand machen oder an andere wundervolle Orte in dem Bundesstaat Rio Grande do Sul. Billigflieger gehen aber auch nach Rio oder Sao Paolo. Zu erwähnen ist noch, dass ihr euch teils wundern werdet wie europäisch die Brasilianer dort aussehen und wie deutsch ihre Nachnamen klingen. Es gibt auch noch viele Menschen die dort deutsch sprechen können und teils gibt es Städte mit vielen deutschen Kolonien, wo sehr viele Brasilianer noch deutsch sprechen. Denn zu Kriegszeiten gab es hier viele italienische, deutsche und polnische Einwanderer.

Beste Zeit ist November bis Juni, dann ist es in Porto Alegre richtig warm, denn die restlichen 4 Monate herrscht Winter mit Temperaturen bis zu 0 Grad.

Ich kann jedem wirklich nur wärmstens ans Herz legen dort ein Tertial zu verbringen. Ich habe dort die besten vier Monate meines Lebens verbracht und wer an Alternativmedizin interessiert ist, der ist hier sicherlich ebenfalls gut aufgehoben. Einen Karneval miterlebt zu haben bleibt natürlich auch ein unvergessliches Erlebnis.

Mir sind Land und Leute unheimlich ans Herz gewachsen und ich habe dort wirklich einmalige Bindungen mit dem Menschen schließen können.

Falls ihr noch Fragen habt könnt ihr euch gerne per Kontaktformular an mich wenden.

Bewerbung

Beworben hatte ich mich circa 7 Monate vor PJ-Beginn. Damals bin ich über den Chef der Inneren Medizin, dessen Bruder u.a. Chef der Allgemeinchirurgie ist an einen Platz bekommen. Je nachdem für welche Chirurgie man sich jedoch interessiert (Allgemein oder mehr onkologisch z.B. gibt es unterschiedliche Chef´s). Meiner war Prof.Dr.Luis Perreira Lima (drlpl@hotmail.com). Hat man einmal die Betsätigung von dem Arzt erhalten, so muss man sich an die zuständige öffentliche Univerwaltung wenden, denn in Porto Alegre gibt es insgesamt 4 unterschiedliche medizinische Fakultäten. Bei mir war Frau Priscila Zaziki zuständig (zazyki@ufcspa.edu.br)

Arbeitsteam
Porto Alegre mit Paddelsurfern
Gallenstein
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Fallbesprechung
Tätigkeiten
Gipsanlage
Patienten untersuchen
Notaufnahme
Mitoperieren
Punktionen
Poliklinik
Eigene Patienten betreuen
Patienten aufnehmen
Chirurgische Wundversorgung
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
16:00 bis 17:00 Uhr
Studientage
Frei verfügbar
Tätigkeiten
Essen frei/billiger

grade Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
1
Unterricht
2
Betreuung
2
Freizeit
2
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1