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PJ-Bericht: Unfallchirurgie in Kreisspital Muri open_in_new (6/2011 bis 8/2011)

Station(en)
Chirurgie
Einsatzbereiche
Station, OP, Notaufnahme
Heimatuni
Mainz
comment Kommentar

In Muri ist man nicht zum Lernen da, sondern zum Arbeiten. Das wird auch so kommuniziert. Unterricht findet nicht statt. Das für deutsche Augen hohe Gehalt steht auch dafür, dass man hier vor allem seine Arbeit zu erledigen hat, eine Ausbildung ist Nebeneffekt. Das Gehalt relativiert sich schnell, wenn man sieht, dass die ungelernte Aushilfskraft im Sekretariat mit 20 Franken / Stunde in zwei Wochen mehr verdient als man selbst in einem Monat. Zudem ist in der Schweiz alles so teuer, dass von dem Geld nichts übrig bleibt, vor allem wenn man in seiner knappen Freizeit auch etwas sehen und machen möchte.

Muri an sich ist ein ziemlich kleines Örtchen, hat aber eine sehr gute Infrastruktur. Mehrere Supermärkte, darunter auch ein Lidl mit guten Preisen. Bahnanbindung ist vorhanden, wenn man die Freizeit jedoch wirklich nutzen möchte, empfiehlt sich auf jeden Fall ein Auto. Da aber immer relativ viele Studenten da sind und auch die Assis sehr nett sind, finden sich auch leicht Mitfahrgelegenheiten. Bei gutem Wetter gibts ein Freibad, ca. 20 Minuten mit dem Auto ist der Hallwylersee, wo man auch an mehreren Orten im sehr klaren und warmen Wasser baden kann.

Das (sehr neue) Wohnheim hat einen Grillplatz und Gemeinschaftsräume mit Küche, die genutzt werden können. Die Zimmer sind wirklich groß und mit kompletter Küche, eigenem Bad (mit Dusche), begehbarem Schrank und Kommode ausgestattet. Internet gibts umsonst, jedoch nur mit LAN-Kabel. Fernsehen kann man in der Schweiz kostenlos über das Internet, inklusive aller deutschen Sender.

Der Dienst beginnt um ca. 7:45 mit der Besprechung der Nacht, dann verteilt man sich. Die PJ´ler (Unterassistenten) können ihren eigenen Dienstplan nach Absprache mit dem verantwortlichen Assi erstellen, es wird wochenweise rotiert.

Ein Einsatzgebiet ist das Ambulatorium ("Ambi"), in dem die elektiv präoperativen Patienten gesichtet werden. Die stumpfsinnige Routinearbeit ohne jeglichen Lerneffekt besteht aus Ableiern der Anamnesepunkte, einer körperlichen Alibiuntersuchung, deren Ergebnisse niemand gegenprüft und für die sich niemand interessiert und vor allem darin, die notwendigen präoperativen Untersuchungen abzuarbeiten und ihnen hinterherzutelefonieren. Obwohl man in der Chirurgie ist, darf man auch sämtliche Formulare der Anästhesie, etwa mit Blutwerten, ausfüllen. Die Patienten werden dann der Anästhesie für deren Prämed-Gespräche übergeben. Die Anästhesisten sind an sich alle wirklich nett, nur macht es keinen Spaß im Akkord Routinearbeiten zu erledigen, die in Deutschland die Anästhesie selber macht. Pro Patient ist eine halbe Stunde Zeit, in der zudem alle Angaben zum Patient inkl. Medikation und Dauererkrankung dreimal aufgeschrieben werden darf: In den Computer, in die Krankenakte und aufs Stammblatt der Pflege. Zudem kann man für jeden Patienten die ewig gleichen Reservemedikationen zu Papier bringen. Hat man das erledigt, kann man noch die Patienten für den nächsten Tag vorbereiten.

Ein weiter UA ist immer auf Station / OP eingeteilt, was im Prinzip bedeutet, dass man vor allem bei orthopädischen Eingriffen Haken hält. Vereinzelt erklären Operateure auch etwas. Ansonsten erledigt man alle stationären Aufnahmen. Da sich das teilweise gegenseitig zeitlich ausschließt, müssen diese Aufgaben dann eben von den anderen UAs erledigt werden. Nicht, dass diese ohnehin eigene Arbeit zu tun hätten.

Sind mindestens zwei UAs in einer Woche vorhanden, darf der dritte auf den Notfall. Dort darf man - Überraschung - Patienten aufnehmen. Im Prinzip kann man diese auch komplett allein "betreuen", man darf auch eigenhändig Labor und Röntgen anordnen. Die meisten Krankheitsbilder sind jedoch: draufgefallen - Röntgen - OA entscheidet, ob operiert wird. Bis man dann den dreifaltigen Papierkram erledigt hat, vergeht jedes Mal einige Zeit. Außer wenn wirklich die Hütte brennt, wird kein Assistenzarzt einen Patienten aufnehmen, solange ein UA da ist. Entlassungsbriefe kann man selber schreiben, was aber nur am ersten Tag spannend ist. Das positivste ist: Nähen ist UA-Aufgabe, und man kommt viel und oft dazu. Hier wird einem auch viel zugetraut und man darf auch komplexere Sachen völlig allein versorgen. Auch, obwohl ich in meinem ersten Tertial schon einige Erfahrung im Ultraschall gesammelt hatte, durfte ich hier keinen einzigen Schall machen. Keiner der Assistenten lernt im Haus von einem Oberarzt schallen, diese können oder wollen es auch nicht. Jeder FAST-Scan muss vom Radiologen durchgeführt werden, was oft schiere Zeitverschwendung ist. Einen Ultraschallkurs oder überhaupt irgendeine Art von Unterricht sucht man vergebens, der Chef bezahlt Studenten jedoch entsprechende kommerzielle Kurse.

Die Wochenenden müssen in Muri komplett von Studenten besetzt sein. Es sind nur jeweils ein Assi für einen Visitendienst da (meist halber Tag) und einer im 12-Stunden-Dienst in der Notaufnahme. Sämtliche OP-Assistenzen werden von den UAs geleistet, was meiner Meinung nach teilweise ans Unverantwortliche grenzt, wenn man mitten in der Nacht als chirurgisch Unerfahrener mit der Oberärztin in der Darmresektion steht. Man beginnt Freitag abends, hat Samstag und Sonntag Notaufnahmedienst (gerne 12h), nachts ist bis Montag morgen Rufbereitschaft zur OP-Assistenz. Man wird nicht jede Nacht gerufen, aber es können auch durchaus 16h-Stunden-Schichten dabei rumkommen. Dadurch sieht man natürlich auch etwas, naturgemäß macht man viele Kameraführungen. Wenn der Preis dafür allerdings ist, dass ich um zwei Uhr nachts einen Blinddarm assistiere, ist es mir das definitiv nicht wert. Als Ausgleich gibt es zwei freie Tage pro Wochenende, die man sich semi-frei legen kann. Wenn zu wenig UAs da sind, werden die freien Tage jedoch auch mal gestrichen. Feiertage kommen übrigens mit dazu, weswegen es auch Vorkommen kann, dass man in 3 Tagen mehr arbeitet als ein Assistenzarzt in Deutschland pro Woche. Nach EU-Recht sind solche Arbeitszeiten selbst für Approbierte illegal.

Im Nachhinein war es durchaus zweiseitig. Einerseits ist die Schweiz wirklich schön und gerade von Muri aus kommt man schnell nach Zürich und Luzern und kann viel sehen. Die Leute waren größtenteils sehr nett und man hat abends z.B. häufig zusammen gegrillt. Für manchen Assi war man als UA aber vor allem Erfüllungsgehilfe.

Das Problem für mich war, dass bei enorm niedrigem Lerneffekt der Arbeitsaufwand viel zu hoch war. Außer Nähen habe ich im Endeffekt nichts gelernt. Dafür bleibt man - neben den wunderbaren Wochenenddiensten - oft wirklich lange in der Klinik.

Ich würde es definitiv nicht noch mal machen und kann es keinem, der sich in Anamnese und Untersuchung schon sicher fühlt, empfehlen.

Bewerbung

Wie immer in der Schweiz, sehr kurzfristig oder sehr langfristig, in Muri über die Sekretärin der Chirurgie.

Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Briefe schreiben
Röntgenbesprechung
Patienten untersuchen
Notaufnahme
Mitoperieren
Poliklinik
Botengänge (Nichtärztl.)
Untersuchungen anmelden
Eigene Patienten betreuen
Patienten aufnehmen
Chirurgische Wundversorgung
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
17:00 bis 18:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Gehalt in EUR
1500
Gebühren in EUR
500 (Wohnheim)

grade Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
3
Klinik insgesamt
3
Unterricht
6
Betreuung
4
Freizeit
4
Station / Einrichtung
4
Gesamtnote
4