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PJ-Bericht: Orthopädie in Kantonsspital St. Gallen (11/2022 bis 3/2023)
- Station(en)
- Schulter, Hüfte, Knie, Wirbelsäule, Fuß
- Einsatzbereiche
- OP, Notaufnahme, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station
- Heimatuni
- Nicht angegeben
Ich habe in der Klinik für Traumatologie im Kantonsspital St. Gallen mein komplettes Wahltertial in der Orthopädie gemacht, da ich später auf jeden Fall in die Orthopädie gehen möchte. Entsprechend motiviert war ich viel zu lernen und viele Aufgaben zu übernehmen.
Es gibt verschiedene Teams, durch die ich rotiert bin: Wirbelsäule, Schulter, Hüfte, Knie, und Fuß. Handchirurgie gehört zu einer eigenen Abteilung, in die man theoretisch auch rotieren könnte, was ich jedoch nicht machte.
Generell hatte ich das Gefühl, dass es den Ärzten nicht wichtig ist, ob ich etwas lerne. Wenn Ärzte aktiv auf mich zugegangen sind, dann prinzipiell nur weil sie eines von drei Dingen wollten: Dass ich bei der Visite mitgehe und diese dokumentiere, dass ich im OP mithelfe, oder dass ich die Medikamente aus Patientenakten in das elektronische System übertrage. Im OP mithelfen beudeutet dabei: Patientenbeine oder -arme hochhalten, damit diese steril gemacht werden können, Haken halten, saugen, Beine festhalten, Sauerstoffflasche holen, Elektrokauter an die Pinzette des Operateurs halten und dann aktivieren, um Gefäße zu veröden, Verband vom Genitalbereich des Patienten abziehen usw.. Das sind die Aufgaben, für die man als Unterassistent fest eingeteilt ist. Daneben gab es noch so kleine Aufgaben wie "Bring bitte mal den Arztbrief auf die Station X". Wurde ich nicht für eines dieser Dinge gebraucht, wurde ich größtenteils ignoriert.
Es gibt noch weitere Aufgaben, die man als Unterassistent übernehmen kann, für diese musste ich jedoch jeden Tag und jedes Mal aufs neue nachfragen und darum bitten, dass ich diese Aufgaben übernehmen darf. Dass mir ein Arzt diese Aufgaben aus eigener Initiative delegiert, durfte ich nicht erwarten. Zu diesen Aufgaben zählen:
- In der Sprechstunde Patienten zur Anamnese befragen, untersuchen, und dann dem Kaderarzt vorstellen. Der Kaderarzt schaut sich den Patienten dann noch einmal selbst an und bespricht mit dem Patienten das Procedere. Anschließend darf man dann noch den Untersuchungsbericht diktieren. Leider habe ich generell nur einfache Nachuntersuchungen übernehmen dürfen. Neuvorstellungen hat man mich generell nicht selbst sehen lassen.
- Subkutannaht, Intrakutannaht, oder Donati-Rückstichnaht nach Operationen. Ich musste hier so gut wie jedes Mal nachfragen, wenn ich einmal nähen wollte. Ich durfte dann meist etwa 5 Minuten nähen (da ich noch ungeübt war, habe ich relativ langsam genäht), dann hat wieder der Arzt übernommen, damit nicht zu viel Zeit verloren geht. Einzige Ausnahme: Es waren so viele bzw. große Schnitte zu nähen, dass mehrere Leute gleichzeitig nähen konnten. Dann wurde mir tatsächlich ein Nadelhalter in die Hand gedrückt damit ich beim Nähen mithelfen konnte. Das kam etwa 2 Mal vor.
- Infiltrationen in Gelenke und Schleimbeutel mit Kortison und Lokalanäshtetika unter Anleitung. Ich durfte einmal eine Bursa trochanterica infiltrieren und zweimal ein Kniegelenk. Auch hier musste ich jedes Mal nachfragen, ob ich infiltrieren darf, sonst schaute ich einfach nur zu.
Ein üblicher Tag lief dann entsprechend wiefolgt ab:
7:15 Morgenbesprechung und Vorträge zur Fortbildung, hier hört man einfach zu.
7:45 Frühstück in der Kantine
8:00 Beginn der Arbeit. Nun kam es darauf an, ob OP-Tag (an 3 Tagen die Woche) oder Sprechstunden-Tag (An 2 Tagen die Woche) war.
Wenn OP-Tag war: Man ging nun in den OP. Hier gab es wieder verschiedene Szenarien je nachdem in welchem Team man war.
- Hüftteam: Hier habe ich an OP-Tagen in 80 % der Fälle bei Hüft-TEPs mitgeholfen. Bei diesen Operationen sieht man leider als 2. Assistent jedoch nicht viel. Manche Operateure stellten mir ab und zu fragen. Nach den OPs bekam ich dann immer eine Schere in die Hand gedrückt, und habe dann den Ärzten beim Nähen zugeschaut und ihre Fäden abgeschnitten. Anfangs habe ich noch ein paar Mal gefragt, ob ich auch mal nähen könnte, worauf ich ab und wann ein paar Stiche machen durfte. Irgendwann fand ich es aber zu frustrierend, immer und immer wieder nachzufragen.
- Knieteam: Hier wurde ich so gut wie gar nicht in OPs eingeteilt. Wenn man nicht direkt am Tisch steht und assistiert, kann man nicht wirklich was von den OPs sehen, und es ist einfach langweilig stundenlang nur zuzuschauen, sodass ich dann im Aufenthaltsraum Zeitung gelesen habe, um die Zeit abzusitzen, die Medikamente aus den Akten in das elektronische System übertragen habe, was die einzige Aufgabe war die ich dann ja noch hatte, und dann einfach gegangen bin. Wenn die Ärzte sehen, dass man nichts zu tun hat, schicken sie einen auch nicht nach Hause, es hat aber auch keinen interessiert, wenn ich einfach gegangen bin, solange ich meine Aufgaben an dem Tag erledigt hatte. Da man ein Telefon hat, können einen die Ärzte auch noch zuhause erreichen, und notfalls kann man wieder zurückkommen, falls noch Aufgaben zu erledigen sind (Das Wohnheim ist 5 Minuten zu Fuß vom Arbeitsplatz enfernt).
- Schulterteam: Auch hier wurde ich in fast keine OPs eingeteilt. Bei Schulterarthroskopien kann man gut zuschauen, da sie am Bildschirm angezeigt werden, ansonsten war es ähnlich wie im Knie-Team. Ich bin herumgesessen, hab die Medikamente übertragen, und bin irgendwann heimgegangen.
- Fußteam: Hier war ich relativ häufig in OPs eingeteilt, die auch etwas vielfältiger waren als die andauernden Hüft-TEPS im Hüfte-Team.
- Wirbelsäule: Hier war man auch selten in OPs eingeteilt, konnte aber oft an den OP-Tisch, wenn ich wollte, auch wenn ich nicht gebraucht wurde. Dann konnte ich immerhin mehr sehen.
Nach jeder OP sollte ich dann wie bereits erwähnt beim Lagern helfen, und dann konnte ich im Aufenthaltsraum kurz was essen, Kaffee oder Tee trinken, bis die nächste OP anfing.
Generell konnte man in den OPs Fragen stellen, und je nach Operateur wurde mehr oder weniger auf die Fragen eingegangen. Die Stimmung im OP war größtenteils gut und das Personal freundlich, Ausnahmen bestätigen die Regel.
Wenn Spruchstunden-Tag war ging ich nach dem Frühstück in die Ambulanz. Dort wurde ich dann prinzipiell ignoriert und musste die Initiative erfreifen, indem ich einen Assitenzarzt fragte, ob ich bei ihm mit in die Sprechstunde gehen konnte. Das war generell kein Problem, allerdings konnte ich schon merken, dass einige Ärzte mehr oder weniger Bock darauf hatten. Anschließend konnte ich nebendran sitzen und den Ärzten bei ihrer Arbeit zuschauen. Wollte ich selbst Patienten sehen, musste ich den Kaderarzt und/oder die Assistenzärzte fragen, und mir ein freies Zimmer organisieren. Wenn ich Glück hatte habe ich dann direkt mehrere Patienten zugeteilt bekommen, wenn ich Pech hatte hieß es es gäbe keine Patienten für mich, oder ich habe nur einen Patienten bekommen und musste für jeden einzelnen Patienten erneut nachfragen.
Wenn ich fragen zu Krankheitsbildern, Procedere oder sonstigem hatte, oder Bilder besprechen wollte, bekam ich, je nachdem wen ich fragte, eine kurze oder ausführliche Anwort. Generell wurde auf meine Fragen aber gut eingegangen. Dass einem beigebtacht wird, wie man Bilder befundet, kann man jedoch nicht erwarten.
Um 12 Uhr wurde ich dann meist von einem Arzt zum Mittagessen gerufen und das Team ist zusammen in die Kantine gegangen.
Zwischen 16 und 17 Uhr war die Sprechstunde dann vorbei, ich musste noch die Medikamente in das elektronische System übertragen, und konnte dann nach Hause.
Daneben gibt es noch Pickett-Dienste, die man 1-2 Mal pro Woche machen muss, für die man in Bereitschaft sein muss und auf Abruf in den OP kommen muss, um zu assistieren. Für diese Dienste bekommt man 2,40 Euro/Stunde, für die Bereitschaft bzw. 6-7,00 Euro/Stunde wenn man tatsächlich Arbeiten kommen muss. Ich habe durch die Dienste ca. 300,00 Euro zusätlich im Monat erhalten. Gerufen wurde ich in etwa nur jeden 2.-3. Dienst, es ist also zumutbar, auch wenn man theoretisch mitten in der Nacht gerufen werden kann. Das war bei mir aber nur einmal der Fall.
Pro und Contra
Pro
- Ärzte haben größtenteils respektvollen Umgangston
- Stimmung ist generell gut
- Es gibt kostenlose Suppe im OP.
- Wenn man fragen stellt, werden diese oft zufriedenstellend beantwortet.
- Wenn man nachfragt, darf man selbst Patienten sehen und Untersuchungsberichte diktieren.
- Wenn man nachfragt, darf man Infiltrationen machen und nähen.
- Es gibt immer wieder Kuchen oder Süßigkeiten oder belegte Brote zu verschiedenen Anlässen vom Chef, den Mitarbeitern oder Patienten.
- Man bekommt für deutsche Verhältnisse ein gutes Gehalt.
- Man bekommt ein eigenes Telefon und Zugriff auf das gesamte Patientenverwaltungssystem.
Contra
- Wenn man irgendetwas lernen will, muss man die ganze Zeit immer und immer wieder nachfragen, damit man entsprechende Aufgaben machen darf.
- Selbst wenn man nachfragt, darf man nicht immer selbst Patienten sehen oder nähen oder infiltrieren, was das ganze frustrierend macht.
- Ob man etwas lernt oder nicht, interessiert die Ärzte eher weniger.
- Oft ist man für keine OPs eingeteilt und sitzt dann an OP-Tagen (Was 3 von 5 Wochentagen sind) einfach nur rum bzw. steht bei den OPs stundenlang nur nebendran.
- Wenn man nichts zu tun hat, wird man nicht nach Hause geschickt. Es merkt allerdings prinzipiell auch keiner, wenn man einfach geht.
Wobei ich hier ergänzen möchte, dass das meine persönliche Erfahrung ist. Ich habe gesehen, wie andere Unterassistenten vergleichbare Erfahrungen hatten wie ich, allerdings ist mir auch eine Unterassistentin begegnet, die stark integriert wurde und viel auf dem Silbertablett serviert bekommen hat (also viel machen durfte ohne dauernd nachfragen zu müssen), wodurch sie höchstwahrscheinlich eine wesentlich positivere Erfahrung hatte.
An praktischen Fähigkeiten habe ich in diesem Tertial vor allem mehr Routine in der Anamnese und im Untersuchen von Patienten und Diktieren von Arztbriefen bekommen. Meine Nähfertigkeiten haben sich nur wenig verbessert, da ich in knapp 4 Monaten nur 10-15 Mal nähen durfte.
Alles in allem war ich mit dem Tertial unzufrieden. Zu viel verschwendete Zeit durch Hakenhalterei ohne was von den OPs zu sehen, oder einfach Rumsteherei und Rumsitzerei wenn man in keine OPs eingeteilt war. Zu viel Frust durch andauerndes Nachfragen müssen, wenn man etwas lernen wollte bzw. teilweise sogar Verwehrung der angefragten Delegation.
Wenn man nur ein halbes Tertial dort macht, ist die Erfahrung vermutlich etwas besser, da am Anfang alles noch neu und ungewohnt ist und man noch Geduld hat dauernd Aufgaben anzufordern. Spätestens nach 8 Wochen ist die Luft aber raus und ich würde dringend davon abraten, ein ganzes Tertial dort zu machen.
Ein paar Monate im Voraus, weil zufällig ein Platz freigeworden ist.
- Unterricht
- 1x / Woche
- Inhalte
- Bildgebung
- Tätigkeiten
- Mitoperieren
Punktionen
Briefe schreiben
Patienten untersuchen
Notaufnahme - Dienstbeginn
- 7:00 bis 8:00 Uhr
- Dienstende
- 17:00 bis 18:00 Uhr
- Studientage
- Gar nicht
- Tätigkeiten
- Mittagessen regelmässig möglich
Kleidung gestellt
Essen frei/billiger
Aufwandsentschädigung / Gehalt - Gehalt in EUR
- Mit Diensten ca. 1250 Euro
- Gebühren in EUR
- 375,00 Euro pro Monat für das Wohnheimzimmer, wird vom Gehalt abgezogen