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PJ-Bericht: Innere in Universitetssykehuset Nord-Norge open_in_new (2/2023 bis 6/2023)

Station(en)
Nephrologie, Gastroenterologie, Hämatologie
Einsatzbereiche
Diagnostik, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme, Station
Heimatuni
Nicht angegeben
comment Kommentar

Aller Anfang ist schwer. Und manchmal bleibt auch nach 9 Wochen das Gefühl, dass es schwer ist sich zu integrieren. Trotz sehr guter Sprachkenntnisse und Vorerfahrungen im Land, darauf gehe ich im Bericht weiter ein. Ich mache PJ in der Inneren in Tromsø. Innerhalb der 16 Wochen Tertial rotiere ich durch drei verschiedene Abteilungen. Gastro, Nephro und Hämato.

Der Kulturschock droht: hier ist Zeit, zusammen Kaffee zu trinken, mit den Pat. zu sprechen und die Pflege mehrmals täglich anzurufen, um sie über die nächsten Schritte auf dem Laufenden zu halten. Schon positiv! Das liegt am hohen Betreuungsschlüssel.

Arbeitsbeginn: 8:00 Uhr mit Morgenbesprechung oder Vorbereitung der Visite. Darauf Prävisite mit elektronischen Kurven und elektronischer Pat.akte und anschließend Visite. Es gibt in Norwegen kein Papier mehr im Krankenhaus. Beeindruckend.

Je nach Gusto gehen die Prävisiten in angemessenem Tempo, ich war aber auch bei Prävisiten dabei, wo eine Stunde über einen einzigen Pat. gesprochen wurde... Teilweise im Anschluss alleiniges Visitieren der Pat. möglich, aber meist eher mit einem der Assistenten zusammen. Dafür muss man aber leider öfter nachfragen, von alleine wird selten angeboten, dass man mit zur Visite kann. Anders als ich es aus Deutschland kenne, gehen die Assistenten alleine den Vormittag lang über und informieren im Anschluss die Pflege und die OA. Ihre Visite kann sich über Stunden ziehen, wenn sie zwischendurch telefonieren oder dokumentieren.

Mittagessen je nach Abteilung zusammen mit allen oder alleine gegen 12 Uhr, es ist üblich sich ein Pausenbrot mitzubringen. Danach dann Telefonate/Journale und Epikrisen schreiben. Ich habe nachmittags auch viel Fachliches nachgelesen.

Problem generell: PJ gibt es in Norwegen nicht. Es bleibt immer fraglich, was eigentlich die Aufgabe der ausländischen Studis ist. Grade wenn man nur ein Monat auf Station bleibt, sehen sie oft nicht die Notwendigkeit einen einzubinden. Nach dem Studium machen die angehenden Ärzte 1,5 Jahre "Turnus"/Rotationsarzt. Eigentlich entspricht diese Turnus-Stellung unserem PJ. Studis sind im Computersystem leider für kaum etwas freigeschaltet (z.B. Medis, EKGs angucken, Untersuchungen anmelden). Man kann nach dem 5. Jahr auch als ausländischer Studi eine vorläufige Lizenz beantragen und damit dieses Problem umgehen. Dafür braucht es allerdings dieses Wissen und einige Wochen Vorlaufzeit. Würde ich im Nachhinein empfehlen!

Auch sehr empfehlenswert, habe ich erst bei der letzten Rotation gemacht: Aktiv auf die Chefs der Abteilungen zugehen und Lernziele besprechen. Das deutsche Logbuch mitbringen, sich überlegen, was man lernen/machen will. Sie fühlen sich dann verantwortlicher, einen einzubinden und nehmen einen auch mal mit zum Teaching für die norweg. Studis. im letzten, 6. Jahr. Diese bereiten sich im letzten Jahr v.a. auf ihre schriftlichen und mündlichen Abschlussprüfungen vor.

Die norweg. Studis hier im 5. Jahr haben ein Logbuch, sollen möglichst viele Prozeduren sehen und (in der Notaufnahme) Pat. aufnehmen. Sie sind etwa ein halbes Jahr in verschiedenen Abteilungen, das kann man mit dem PJ vergleichen ( als "Turnus" ist man nicht mehr Studi). Die 5-Jahrs-Studis flottieren freier durch das Haus als wir in Deu und generell fragen Studis aus allen Jahrgängen regelmäßig in den Abteilungen, ob sie die Neuaufnahmen der nächsten Woche machen können, um ihre Unterschriftenliste zu füllen. Natürlich nervig, wenn man grade auf der Station ist und das selbst gerne machen möchte. Pat.aufnahme ist hier die klassische Studi-Aufgabe. In die Notaufnahme können ausländische Studis jederzeit. Je nachdem, wer dort ist, nimmt man dann zusammen Pat. auf oder kann auch alleine anfangen. Oft ist dort wenig los. Man sollte eher Nachmittags hin, wenn die Hausärzte zu machen, dann füllt sich die Aufnahme. Für Blutabnahmen und Venülen gibt es Schwestern und "Bioingeniøre".

Generell bin ich sehr erstaunt, wie wenig Pat. hier versorgt werden, dafür dass es ein Universitätskrankenhaus mit riesigem Einzugsgebiet ist. Der Schlüssel Pat. zu Angestellten liegt bei 1 Pat zu 10 Angestellten! Zusammen mit den zwei umliegenden peripheren Häusern in Bodø und Alta kommt Tromsø auf 500 Betten. Die Abteilungen sind klein, haben meist nicht mehr als Platz für 10 Pat. Da das Gesundheitssystem anders organisiert ist, nehmen die Hausärzte den Ansturm ab und filtern vor, wer in die Klinik kommt.

In der Nephro gab es zwei Wochen, wo nur ein Pat. auf Station war. Der wurde dann von einem Oberarzt, einer Turnusärztin und einer angehenden Fachärztin versorgt. In der Zeit war ich in der nephrologischen Poliklinik. Ich würde generell empfehlen, zwischen Station, Funktionen und Ambulanzen abzuwechseln und zu versuchen, möglichst viele Pat.fälle zu sehen. Ich habe z.B. viele Kolos in der Gastro gesehen. Wie überall, ist es enorm personenabhängig, was man sieht/wo man mitgeht. Einer der Ärzte dort hat mich eine Woche lang gern mitgenommen und jeweils die Pat. mit mir in der Funktion vor- und nachbesprochen.

Was hervorzuheben ist, ist die Lehre. Für die angehenden Fachärzte in der Inneren gibt es zweimal die Woche mittags 45 min teaching zu unterschiedlichen Themen. Gehalten wurden die Vorträge und Case reports von OA oder einem aus der Runde. Da bin ich regelmäßig hingegangen. Gute Wiederholung der M2-Themen. Die Abteilungen halten intern außerdem meist 2x die Woche, morgens vor der Visite oder nach der Mittagsbesprechung nach 15 Uhr Fachvorträge.

Generell kommt es mir so vor, dass in Norwegen Fachlich viel mehr auf externe Quellen geguckt wird. Einiges von dem Wissen was wir für die M2 lernen mussten, liegt nicht unbedingt unmittelbar vor: dafür gibt es das Word Wide Web: Es gibt einen "Antibiotika"-veileder (=Ratgeber) online. Ebenso einen Prozeduren-veileder. Therapien werden zentral entschieden im "Rikshospital" (wörtlich Reichskrankenhaus, Name des Hauptkrankenhauses in Oslo). Anders als eine Klink-SOP zu nutzen, wird gleich fürs ganze Land etwas empfohlen. Die Norweger stehen auf "veileder und veileding" also Ratgeben/Ratgeber. Alle jungen Ärzte (und in Theorie auch die ausländ. Studis) haben einen veileder mit dem sie ihren persönlichen Fortschritt besprechen können.

Fazit: Die allgemeine Zufriedenheit mit meinem PJ ist tages- und personenabhängig. Es ist extrem hart, wenn man das Gefühl bekommt, es ist ihnen total egal, ob man da ist und sie wollen einem nichts zu tun geben (evtl. weil es nichts zu tun gibt), obwohl man engagiert fragt. Ich bin manchmal echt frustriert. Andererseits bin ich dann sehr dankbar, wenn das Interesse aufgenommen wird, und ich zu Untersuchungen mitkann oder sich jemand hinsetzt und mal über meine Epikrise liest. Heute war ein guter Tag, ich konnte mit zur Visite und später noch eine Pat. aufnehmen.

Ich würde auf keinen Fall empfehlen ohne Norwegischkenntnisse in die Innere zu gehen. Ich weiß aus der Erfahrung von andren ausländischen Studis, dass die Norweger in den Abteilungen nicht zu Englisch switchen. Viele der alten Pat. können kein Englisch und sprechen im Dialekt. In der Chirurgie ist es vielleicht besser, aber selbst wenn man die Sprache kann, ist es schwer mit der Integration.

Bewerbung

8/12/16 Wochen Rotationen möglich.

Anmelden über die Universität Tromsø UiT. https://uit.no/utdanning/program/sub?sub_id=673225&p_document_id=274285

Falls der Link nicht mehr funktioniert, einfach googlen: clinical rotations international medical student UiT. Man muss von seiner Heimatuniversität dafür nominiert werden, ähnlich den Erasmus-Studi-Austauschen.

Ansprechperson an der UiT ist Elin Holm. Sie unterschreibt die Erasmus Plus Praktikum Verträge. Während des PJs ist man an der UiT eingeschrieben. Daher kann man sich im Bewerbungsprozess auch auf einen Platz im Wohnheim bewerben. Ich kann das Wohnheim in Stakkevollan empfehlen, nah zur Klinik und sehr gemütlich.

Rotationen gehen nur während der Vorlesungszeit: August-Dez./Jan-Juni.

Unterricht
2x / Woche
Inhalte
Fallbesprechung
Tätigkeiten
Briefe schreiben
Patienten aufnehmen
Patienten untersuchen
Notaufnahme
Poliklinik
Dienstbeginn
Nach 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
1x / Woche frei
Tätigkeiten
Mittagessen regelmässig möglich
Kleidung gestellt
Gehalt in EUR
Erasmus plus Praktikum Stipendium 750 Euro/Monat
Gebühren in EUR
keine

grade Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
4
Klinik insgesamt
3
Unterricht
1
Betreuung
4
Freizeit
1
Station / Einrichtung
3
Gesamtnote
3