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PJ-Bericht: Unfallchirurgie in Chris Hani Baragwanath open_in_new (7/2023 bis 9/2023)

Station(en)
TEU
Einsatzbereiche
Station, Notaufnahme
Heimatuni
Nicht angegeben
comment Kommentar

TLDR: Für mich war es eine Enttäuschung. Sicherlich mal eine Erfahrung, die man machen kann, aber wenn man's nicht gerade durch Bundeswehr etc. bezahlt bekommt, spart euch das Geld als Student und geht da als Arzt hin. Ihr werdet ein deutlich höheres Ansehen haben, mehr machen dürfen und die Kosten tun bei weitem nicht so weh.

Ich habe mein halbes Chirurgietertial im Bara verbracht. Für das ganze hatte ich nicht die finanziellen Ressourcen und hätte überdies ein Visum gebraucht, bis 90 Tage kann man aber mit einem deutschen Pass visafrei in Südafrika studieren.

Es begann schon mit der Anmeldung. Die Verantwortliche, zu meiner Zeit eine gewisse Refilwe Kgauwe (gesprochen Kchau-eh), antwortete nicht auf Emails, erst, als ich ihre Vorgesetzten im Dekanat angeschrieben habe, gab es eine Reaktion. Auch vor Ort läuft es schleppend, bis zuletzt habe ich keinen Studentenausweis bekommen.

Im Bara angekommen, wurde man mit der Erklärung, dass man eigentlich gar nichts ist und gar nichts darf, begrüßt. Letztendlich wusste ich nie so richtig, ob ich nun was darf oder nicht. Einerseits sollte ich mich für jede Änderung einer Beatmungseinstellung rechtfertigen (n.b. ich war als Hiwi jahrelang auf der ITS und kam aus dem Anästhesietertial, wo ich im Grunde genommen meine ITS-Patienten selbstständig versorgt habe, wusste also, was ich da tue), aber im nächsten Moment habe ich dann beatmete Patienten allein ins CT oder auf die Station gefahren.

Eine Zwischenbemerkung: Unfallchirurgie, also Trauma Surgery, ist in Südafrika nicht wie bei uns eins mit Orthopädie, sondern ist Allgemeinchirurgie am Traumapatienten. Die operieren alles außer Knochen, das macht die Orthopaedic Surgery.

Da ich mich vor allem für die präklinische Notfallmedizin und Akutversorgung im Schockraum interessiere, weniger für den OP an sich, war ich vor allem in ebendiesem Schockraum. Während meiner Zeit gab es in der Notaufnahme... vier deutsche, zwei österreichische und zwei britische Studenten sowie zwei italienische, einen französischen, einen finnischen und einen kanadischen Arzt. Im Grunde genommen sind ausländische Studenten für Uni und Krankenhaus eine Einnahmequelle. Teilweise wurde der Schockraum (also eine große Halle, die eigentlich mal für 8 Betten ausgelegt war, jetzt aber gern mal 20 Betten beheimatet) nur von Hospitanten geführt. Einen Unfallchirurgen habe ich, wenn's hochkommt, einmal am Tag gesehen. Sonst waren bei mir quasi nur Assistenzärzte für Emergency Medicine, also Akutmedizin in der Notaufnahme. Wirklich Ahnung hatten die auch nicht alle, das xABCDE-Schema überforderte sie teilweise schon, waren aber in allem, was ich tat, sehr davon überzeugt, dass es falsch war, egal ob ich's nun richtig gemacht habe oder so, wie sie es gesagt haben. Vorsichtigste Verweise auf eingehende Leitlinien oder anatomische wie pathophysiologische Grundprinzipien endeten darin, dass ich mir von einer Oberärztin, die sich sonst einen feuchten Kehricht um uns scherte, anhören durfte, ich meinte alles besser zu wissen.... naja, was soll ich sagen.... egal. Wenn doch mal ein Unfallchirurg da war, hörte man von denen vordringlich so tolle Sprüche wie: "Beim ATLS-Kurs hat der Ausbilder mich gefragt, wie wir's im Bara machen, nicht andersherum!"

Während ich da war, war das Patientenaufkommen meist nicht so groß, zumindest im Schockraum, aus dem ich mich nicht wegbewegt habe, hatten wir teilweise Nullrunden. Während der Wochenenden und Nächte war es teilweise chaotischer, aber aus o.g. Gründen hatte ich da keine Lust drauf. Es gab zwar mehr Stich- und Schussverletzungen als in Deutschland, wirklich zeitkritische, instabile Patienten kamen aber deutlich seltener als zu Hause... die wurden nämlich schon durch die Kompetenzen des öffentlichen Rettungsdienstes selektiert. Die große Traumaversorgung habe ich jedenfalls nicht erlebt.

Das ganze Krankenhaus ist völlig desorganisiert. Sowas wie ein Notfall-CT oder eine Not-OP kennt man nicht. Für das CT gibt's Timeslots, egal, ob da jetzt ne Hirnblutung dahintersteckt, die man vielleicht dringlich entlasten sollte. Es ist erst um 15:00 ein Slot frei, also wartet der Patient 6 Stunden, basta. Teilweise lagen Patienten über drei Tage beatmet im Schockraum. Das Material hätten sie, die Medizintechnik ist auf dem neuesten Stand, teilweise neuer als das, was ich in Deutschland hatte, nur ungepflegt, ungewartet und verdreckt - und entsprechend schlecht funktionsfähig. Teilweise wissen sie selbst nicht, was die Geräte überhaupt können oder wie sie funktionieren... als ich mal die Kapnographiekasette (von denen es ganze drei bei planmäßig 16 Betten gibt) von einem unbenutzten Monitor in einen anderen gesteckt habe, um einen intubierten und beatmeten Patienten mit intrakranieller Blutung zu überwachen, musste ich mir Belehrungen anhören, dass ich doch nicht einfach sowas hin- und herschieben könne und die Schwestern für die Vollzähligkeit der Geräte gerade stünden. Ist ja nicht so als wäre der pCO₂ irgendwie wichtig oder so...

Im Schockraum gibt es vier Notfallwagen, davon steht auf einem ein Defi. Bei diesem Wagen weiß niemand, was in den Schubfächern ist, weil die seit Anbeginn der Zeit klemmen. In den anderen findet man meistens Adrenalin, dann hier ein wenig Calcium, da ein wenig Hydrocortison wieder im nächsten noch etwas Dobutamin (warum auch immer)... Ein c-mac gibt es in der medizinischen Notaufnahme nebenan... das weiß bloß keiner und es weiß auch keiner, wie man das bedient. Also die externen Studenten wussten es schon... was gibt es da auch zu wissen....

Sterile Tupfer und Handschuhe sind Mangelware, wenigstens gab es immer genug Jodlösung zum Desinfizieren. Alles Spitze und Scharfe hat nicht wie bei uns Schutzkappen, um es nach Gebrauch zu sichern, das ist halt zu teuer. Leider lassen auch viele Kollegen gebrauchte Spritzen und Nadeln an oder in den Betten liegen und die Abwurfeimer laufen oft über. Etwa die Hälfte aller Patienten ist HIV-infiziert, also unbedingt aufpassen und richtige Schuhe tragen.

Nachdem mir das alles in der Traumanotaufnahme zu doof wurde, bin ich erst zwei Wochen in die Adult Burns Unit gegangen (dafür hat mich auch nochmal jemand belatschert, aber egal), hier habe ich ein bisschen Blut abgenommen, ein paar Flexülen und ZVK gelegt und an den OP-Tagen konnte ich auch munter mit debridieren. Die letzten beiden Wochen war ich auf der zentralen ITS (es gibt in den Baracken noch ein paar in Eigenregie zusammengepfuschte Intensivbereiche aber... naja). Hier gibt es unten die Allgemein- und die Kinder-ITS und oben die Trauma-ITS und IMC. Das war deutlich angenehmer. Die Oberärzte hatten erstaunlich breites und tiefes medizinisches Wissen. Jeden Tag wurde für die Assistenzärzte und mich ein Thema in der Tiefe besprochen. Mal Beatmung im Status asthmaticus, mal erweitertes hämodynamisches Monitoring. Hier konnte ich munter Katheter aller Art legen und intubieren. Wäre ich mal früher hochgegangen.

Am Ende bin ich ins chirurgische Sekretariat gegangen, habe da meine PJ-Bescheinigung ausgedruckt hingelegt und am nächsten Tag gestempelt abgeholt.

Was man unbedingt selbst mitbringen sollte:

- passende Handschuhe in entsprechender Zahl

- ein Pulsoxymeter (so ein 10-Euro-Gerät von Amazon reicht völlig), oft ist das die einzige Überwachung mit der man mit dem beatmeten Patienten ins CT fährt.

- Heftpflaster, das oder teilweise überhaupt irgendein Pfalster gibt es da nämlich nicht.

- eine Kopf- oder Cliplampe, beim Stromausfall steht man sonst in einem fensterlosen Klinikkomplex im Dunkeln

- am Besten Sicherheitsschuhe

- eine Schutzbrille

- eine Bauch- oder Beintasche, um die vielen Verbrauchsmaterialien, die es nicht gibt, bunkern zu können

- eine Ladung Rotkäppchen oder Rückschlagventile, sowas gibt's nämlich nur einmal alle zwei Wochen

- eigene Kasacks, zwar soll einem ein Satz Kasacks von der Chirurgie gestellt werden, ich habe das aber ebensowenig wie meinen Studentenausweis gekriegt

- eine Rettungsschere, die gibt es da nämlich auch nicht im Schockraum

Dabei aber VORSICHT! An der Mitarbeiterausfahrt werden ausfahrende Fahrzeuge nach geklauten Medizinprodukten durchsucht. Wenn man seinen Kram nicht gut in eine Tasche packt, kann man schnell mal verhaftet werden, also das, was man hat, gut verpacken oder am Körper tragen!

Gewohnt habe ich bei Dr. Alan Peter, dem leitenden Oberarzt der Pneumologie im Bara und überhaupt ein unglaublich talentierter Arzt. Eben noch so ein richtiger alter Internist , der mit einer gezielten klinischen Untersuchung mehr herausfindet als manch anderer mit Labor und CT. Definitiv die beste Adresse für Studenten. Man hat in seinem Haus ein eigenes Zimmer, alle anderen Räume und Installationen stehen zur Verfügung. Das Viertel, Sandringham, ist ruhig und man kann unbesorgt allein nach draußen gehen. Da es bei mir ein Problem mit dem Mietwagen gab, nahm mich Alan kurzerhand jeden Morgen mit ins Bara. Auch auf seinen Wochenenddiensten im Linksfield, einem Privatkrankenhaus um die Ecke, und zu zahlreichen Besuchen bei Kollegen und Freunden hat er mich mitgenommen. Als Parkbeamter im Pilanesberg-Nationalpark organisiert er auch eine preislich sehr günstige und fachlich hochkarätig geführte Safari. Es gibt niemand in Johannesburg, den er nicht kennt und dem er nicht schoneinmal ein Familienmitglied gerettet hat. Auch mit allen relevanten Persönlichkeiten im Bara und in der University of the Witwatersrand ist er bestens vernetzt und hat mir so bspw. einen reibunslosen Umstieg in die ITS ermöglicht. Mit freundlichen Grüßen von ihm soll ich übrigens auch mal die Innere wärmstens empfehlen. Viel Tuberkulose, viel HIV, aber auch viel "dann stechen wir halt mal rein und schauen, was es ist".

Falls Alan mal keinen Platz hat, ist die zweitbeste Option für Unterkunft Christine in Mondeor. Bei beiden, wie auch für das Tertial selbst muss man sich jedenfalls frühzeitig bewerben. AUF KEINEN FALL sollte man zu einem gewissen Hayden Arrow. Mehrfach schon hat er seine Gäste durchsucht, mit Waffengewalt bedroht oder mitten in der Nacht in Johannesburg vor die Tür gesetzt.

Gekostet hat mich der Spaß alles in allem etwa 5000 €, davon Flug und Mietwagen je etwa 1200 €, Studiengebühren und Unterkunft bei Alan je 800 €.

Bewerbung

1 Jahr vorher über die University of the Witwatersrand als "Medical Elective"

Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Untersuchungen anmelden
Punktionen
Chirurgische Wundversorgung
Braunülen legen
Patienten untersuchen
Notaufnahme
Blut abnehmen
Botengänge (Nichtärztl.)
Dienstbeginn
Vor 7:00 Uhr
Dienstende
Vor 15:00 Uhr
Studientage
1x / Woche frei

grade Noten

Team/Station
5
Kontakt zur Pflege
6
Ansehen des PJlers
5
Klinik insgesamt
5
Unterricht
6
Betreuung
6
Freizeit
2
Station / Einrichtung
5
Gesamtnote
5