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PJ-Bericht: Allgemeinchirurgie in Hospital Universitario Walter Cantidio (9/2019 bis 12/2019)
- Station(en)
- Digestivchirurgie, Allgemeinchirurgie, Anästhesie, Urologie, Notfallmedizin
- Einsatzbereiche
- Station, Notaufnahme, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, OP
- Heimatuni
- Kiel
Ich habe das komplette chirurgische Tertial am dortigen Universitätshospital gemacht. Das Gute ist, dass in Brasilien ebenfalls das Konzept des praktischen Jahres existiert (hier allerdings zwei Jahre), sodass man einfach in die Rotation der dortigen PJler (sogenannte „Internos“) eingeteilt werden konnte. Dadurch sah man ein breites Spektrum der operativen Medizin und konnte auch mal andere Bereiche sehen, die man in Deutschland nicht kennengelernt hätte, z.B. die Anästhesie oder Urologie. Man ist stets in einer Gruppe mit anderen Medizinstudierenden auf Station eingeteilt, was sehr hilft beim Bewältigen der kulturellen und organisatorischen Unterschiede sowie beim Knüpfen neuer Kontakte. Zwar sind die räumlichen Bedingungen auf Station eher prekär, aber der medizinische Standard ist vergleichsweise hoch. Man sieht also auch Operationen, die in Deutschland genauso gemacht werden und lernt viele Dinge, die auch nach der Rückkehr relevant sind. Allerdings ist der Alltag etwas anders strukturiert, es gibt keine festen Visiten oder Routinen, sondern vieles ergibt sich spontan. Auch ist es keine Pflicht, in den OP zu gehen, daher liegt es auch viel an einem selbst, was man letztlich sieht und wie viel man lernt. Ein Unterschied ist auch, dass man viel Zeit in den Ambulanzen verbringt und dort Patienten empfängt. Das kann man sogar selbständig tun und den Fall anschließend mit dem Oberarzt durchsprechen und ein Konzept überlegen. Zusätzlich zu den klinisch-praktischen Tätigkeiten gab es durchgängig auch theoretischen Unterricht. So haben die AssistenzärztInnen und OberärztInnen nicht nur gerne theoretisches Teaching gegeben (z.B. im Rahmen der Visiten), auch gab es oft Vorträge oder Falldiskussionen. Teils mussten die Studierenden selbst Vorträge vorbereiten. Dadurch hatte man theoretischen Input, den ich nicht missen wollte. Man fühlte sich so nicht nur als bloßes Arbeitstier. Dennoch wird ein großer Teil der Stations- sowie Ambulanzarbeit von den PJlern dort bewältigt, sodass man viel Zeit im Krankenhaus verbringt und die Tage lang und anstrengend sind. Kurz morgens erscheinen und danach an den Strand legen ist hier nicht möglich…
Insgesamt ist schwierig zu sagen, wo ich mehr gelernt hätte. Zwar glaube ich, dass ich medizinischerseits in Deutschland mehr gelernt hätte, da das System anders funktioniert und man eben in der Regel in Deutschland praktizieren wird. Aber genau darin lag der Reiz, nämlich ein anderes Gesundheitssystem mit anderen Problemen und anderen Krankheiten kennenzulernen. Daher habe ich andere Dinge gelernt, professionell wie persönlich. Wichtig ist im Krankenhausalltag, sich seines Portugiesisch sicher zu sein. Die Erfahrung ist ohne Kenntnisse bzw. ohne die Bereitschaft, diese auszubauen, nicht empfehlenswert. Man muss den ProfessorInnen und ÄrztInnen stets Fälle vorstellen, ist Teil des Teams und somit aktiv eingebunden. Daher muss man sich einfach trauen, BrasilianerInnen sind äußerst verständnisvoll und hilfsbereit. So konnte ich mein Portugiesisch deutlich verbessern und mich zum Schluss deutlich besser verständigen. Auch dies ist ein Nutzen für die Zukunft.
Zur Anerkennung ist zu sagen, dass man beim Landesprüfungsamt vor Antritt des Auslandstertials die sogenannte Äquivalenzbescheinigung beantragen muss. Dies kostet 20€ und ist in jedem Fall rechtzeitig vor Abreise einzuholen. Im Falle des Hospitals der Universidade Federal do Ceará war dies recht einfach, da es bereits auf der Liste anerkennungsberechtigter Häuser stand, weil bereits jemand vorher ein Tertial dort gemacht hat. Trotzdem muss man diese formal beantragen. Dafür brauchte ich ein Schreiben der dortigen Universität, auf dem bescheinigt wurde, dass ich mindestens einmal das Fachgebiet wechsele vor Ort, was Anforderung der Studienordnung ist. Dies war fast das Schwierigste, im Vorfeld zu organisieren, da sich niemand zuständig fühlte. Hier muss man unbedingt hartnäckig bleiben. Hat man dies, braucht man eine Befürwortung des Dekanats und kann damit zum LPA gehen und sich die Bescheinigung holen. Damit ist letztlich die Anerkennung garantiert. Vor Ort war es dann zum Schluss noch unerwartet schwierig, einen Stempel des Krankenhauses zu erlangen. Man muss sich wie oft in Brasilien einfach durchfragen und hartnäckig bleiben. Bei der Anmeldung zum dritten Staatsexamen ist es ratsam, die Bescheinigung schon einmal vorzuzeigen und sich die Richtigkeit vom LPA absegnen zu lassen, bevor es zu spät ist.
Der Bewerbungsprozess an der dortigen Universität war chaotisch und erforderte viel E-Mail-Verkehr. Ich bewarb mich dort bereits im Frühjahr des Vorjahres, also mehr als eineinhalb Jahre vorher. Die Zusage bekam ich schnell, dann herrschte lange Funkstille. Als ich mich schließlich wieder dort meldete, war meine Zusage vor Ort wohl schon vergessen, also musste ich mich erneut bewerben. Es war eine Menge an Formalitäten und Dokumenten, die man jeweils vom Landesprüfungsamt, dem Dekanat sowie auch dem International Center benötigte. Dafür schaut man am besten auf der Seite der Fakultät nach, dort steht aufgelistet, was man benötigt. Man braucht einen langen Atem, aber nach mehr als einem Jahr hatte ich alles zusammen. Man bekommt dann vom International Center der Gastuni per Post ein offizielles Dokument zur Beantragung des Visums zugeschickt. Dieses war mehrfach falsch datiert bzw. hatte Fehler, sodass es lange brauchte, bis ich ca. ein halbes Jahr vorher den richtigen Bescheid im Briefkasten hatte. Gerade wegen der besonderen Anforderungen beim PJ unbedingt darauf achten, dass die Tertialzeiten genau eingehalten werden! Man benötigt für ein PJ-Tertial dort das sogenannte VITEM IV Visum, das beim brasilianischen Konsulat in Berlin zu beantragen ist. Auch hier informiert man sich am besten auf der Internetseite des Konsulats. Die Beantragung geht per Post. Wichtig ist auch, vor Abreise separat beim gleichen Konsulat eine brasilianische Steuernummer (CPF) zu beantragen, das erleichtert vor Ort vieles. Auch dies geht per Internet sowie Post.
Es empfiehlt sich auch, frühzeitig einen Tropenmediziner aufzusuchen, gerade weil immer mal wieder das Gelbfieber umgeht, vor allem im Süden des Landes. Das ist meines Erachtens die einzige Pflicht-Reiseimpfung, die dann auch ein Leben lang hält. Unbedingt frühzeitig an einen neuen Reisepass denken: Er muss bei Einreise noch mindestens 6 Monate gültig sein. Ansonsten kann noch ein Portugiesischkurs oder noch besser ein Sprachtandem Gold wert sein, genauso wie der Lonely Planet als Reiseführer, der meiner Meinung nach Beste, den es für Brasilien gibt.
Was sehr gut war an der dortigen Uni ist, dass man ein paar Monate vor Ankunft von dortigen Studierenden (sogenannte „Padrinhos“, also Paten) kontaktiert wird. Diese helfen einem bei Fragen, bei der Wohnungssuche, holen einen bei Ankunft sogar vom Flughafen ab und helfen einem bei der Ankunft. Meine Unterkunft habe ich glücklicherweise schnell finden können. Dabei haben mir die Study-Buddies der Gastuni sehr geholfen. Mein Vermieter ist selbst im International Center der Uni aktiv und vermietet einige Zimmer in seinem Haus an internationale Studierende. Ich habe letztlich mit drei anderen wundervollen deutschen Studierenden anderer Fachrichtungen zusammengelebt und in diesem Umfeld viele Freunde gefunden und viel mit ihnen unternommen. Das International Center hat auch selbst einmal einen Ausflug für alle Incomings organisiert. Die Miete war recht okay, habe ca. 160€ an Miete monatlich bezahlt. Die Wohnung hatte eine gemeinsame Küche und ein eigenes Zimmer mit Bad. Sie lag zufällig in zehnminütiger fußläufiger Entfernung zur Klinik, was für mich sehr praktisch war. Zur Wohnungssuche sollte man seine Paten fragen. Wenn sich bis wenige Monate vorher niemand bei einem meldet (Mails checken!), sollte man sich beim dortigen International Center („Prointer“) einmal danach erkundigen. Sie antworten in der Regel schnell. Wenn man ankommt, muss man sich dort direkt einmal vorstellen und sich registrieren. Hierbei begleiten einen auch die Paten vor Ort. Schließlich muss man sich unbedingt (!) bei der dortigen Bundespolizei registrieren, das Prozedere wird einem aber auch vor Ort erklärt und auch hier helfen die Paten. Diese sind, nochmals erwähnt, gerade am Anfang wirklich Gold wert und strukturieren das anfängliche Chaos. Brasilien kann sehr bürokratisch sein, da ist jede Hilfe willkommen. Insgesamt muss man diese paar Termine wahrnehmen, man wird aber gut und professionell dabei unterstützt.
- Unterricht
- 2x / Woche
- Inhalte
- Repetitorien
Patientenvorstellung
Fallbesprechung
Sonst. Fortbildung - Tätigkeiten
- Punktionen
Patienten untersuchen
Botengänge (Nichtärztl.)
Notaufnahme
Patienten aufnehmen
Eigene Patienten betreuen
Briefe schreiben
Mitoperieren
Untersuchungen anmelden
Chirurgische Wundversorgung
Poliklinik - Dienstbeginn
- Vor 7:00 Uhr
- Dienstende
- 16:00 bis 17:00 Uhr
- Studientage
- Gar nicht
- Tätigkeiten
- Mittagessen regelmässig möglich
Essen frei/billiger